Strategien der Erreichbarkeit

Beteiligung vulnerabler Gruppen

Beteiligung ist ein zentrales Prinzip demokratischer Gesellschaften, in der Stadtentwicklung und Sozialplanung ebenso wie in der Gesundheitsförderung. Doch nicht alle Menschen können von Beteiligungsformaten gleichermaßen profitieren. Besonders vulnerable Gruppen, etwa Menschen mit Sprachbarrieren, unsicherem Aufenthaltsstatus, gesundheitlichen Einschränkungen oder prekären Lebensverhältnissen, sind in klassischen Beteiligungsprozessen oft unterrepräsentiert. 

Die Folge? Genau jene Gruppen, die besonders betroffen und bedürftig sind, bleiben häufig ausgeschlossen

Beteiligung & Partizipation: Anspruch vs. Wirklichkeit  

Der Grund liegt häufig in der Struktur der Angebote: Bürgerwerkstätten, Onlinekonsultationen oder formalisierte Beteiligungsformate erfordern Zeit, Zugang zu Technik, Sprachkompetenz sowie Vertrauen in die Institutionen. Was für manche selbstverständlich ist, stellt für andere eine kaum überwindbare Barriere dar. Beteiligung wird so zur Frage sozialer Lage und Reproduktion bestehender Ungleichheiten.

Dabei sind es gerade diese Gruppen, die häufig am stärksten betroffen sind, ob von gesundheitlicher Benachteiligung, Diskriminierung im Alltag oder fehlender Repräsentation in politischen Prozessen

Ausgangslage in Deutschland: Beteiligung – ja, aber nicht für alle?

Die Förderung von sozialer Gerechtigkeit und gesundheitlicher Chancengleichheit ist ein zentrales Ziel von Politik, Gesellschaft und Public Health. In den letzten Jahren widmen sich zahlreiche Publikationen, Programme und Initiativen verstärkt der Frage, wie Beteiligung inklusiver und gerechter gestaltet werden kann – insbesondere für benachteiligte Gruppen.

Die Förderung von sozialer Gerechtigkeit und gesundheitlicher Chancengleichheit ist ein zentrales Ziel von Politik, Gesellschaft und Public Health. In den letzten Jahren widmen sich zahlreiche Publikationen, Programme und Initiativen verstärkt der Frage, wie Beteiligung inklusiver und gerechter gestaltet werden kann – insbesondere für benachteiligte Gruppen.

Rechtliche Grundlagen

In Deutschland bestehen vielfältige gesetzliche Anknüpfungspunkte für Beteiligung – mit besonderem Fokus auf Gesundheitsförderung, Stadtentwicklung und Teilhabe marginalisierter Gruppen:

§ 20a SGB V – Lebensweltbezogene Gesundheitsförderung
Fördert Gesundheitsförderung in Settings wie Wohnen, Schule oder Pflege – unter aktiver Beteiligung der betroffenen Menschen.

§ 3 BauGB – Öffentlichkeitsbeteiligung in der Stadtplanung
Verpflichtet Kommunen zur frühzeitigen Information und Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Bauleitplanung.

BTHG & § 112 SGB IX – Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
Stärken das Wunsch- und Wahlrecht und schreiben barrierefreie, partizipative Angebotsgestaltung verbindlich vor.

EU-Grundrechtecharta & Agenda 2030 (SDG 3, 10, 11, 16)
Betonen das Recht auf Nichtdiskriminierung und fordern ausdrücklich die Einbindung benachteiligter Gruppen in Entscheidungsprozesse.

§ 80 SGB VIII – Beteiligung junger Menschen
Verankert das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Mitbestimmung bei allen sie betreffenden Entscheidungen, z. B. in der Jugendhilfe.

Strategische Programme & Tools für Beteiligung

Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen unterstützen strategische Programme und praxisnahe Tools die Umsetzung vor Ort:

GKV-Leitfaden Prävention (2024)
Der begleitende Scoping Review identifiziert 14 Strategien zur besseren Erreichbarkeit vulnerabler Gruppen – darunter aufsuchende Arbeit, Peer-Ansätze und kultursensible Kommunikation – ergänzt um konkrete kommunale Praxisbeispiele.

Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit
Ein Netzwerk von über 75 Organisationen, das sektorübergreifende Kooperation, Good-Practice-Projekte und Beratungsangebote für Kommunen bündelt. Die sieben Handlungsempfehlungen zur inklusiven Ansprache bieten praktische Orientierung für eine niedrigschwellige, dialogorientierte Beteiligung.

Deutscher Städtetag (2024): Checkliste für Beteiligung
Bietet praxisnahe Leitfragen zur Planung, Umsetzung und Evaluation von Beteiligungsprozessen – mit Fokus auf Zielgruppenansprache, Ressourcenmanagement, Ergebnisverwertung und Kommunikation.

Neue Leipzig-Charta (2020)
Europäisches Leitdokument für gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung. Sie fordert u. a. eine integrierte, gerechte und beteiligungsorientierte Stadtpolitik auf drei Handlungsebenen: Quartier, Gesamtstadt und Stadtregion.

…und dennoch: Teilhabe bleibt ungleich verteilt

Trotz dieser rechtlichen und strategischen Grundlagen bestehen weiterhin strukturelle Hürden und gesellschaftliche Ausgrenzung. So verzeichnete die Antidiskriminierungsstelle des Bundes im Jahr 2024 insgesamt 11.405 Beratungsanfragen: eine Verdreifachung seit 2019 (Antidiskriminierungsstelle des Bundes, 2025).

Die Publikation zeigt, immer mehr Menschen erleben Diskriminierung im Alltag, bspw. auf dem Wohnungsmarkt, im Beruf oder im Umgang mit öffentlichen Stellen.

Beteiligung ermöglichen- was wir als nuvio erreichen wollen

Mit unserem Beteiligungskonzept wollen wir als nuvio gemeinsam mit Kommunen, Organisationen und lokalen Mulitplikator:innen neue Wege gehen:

  • lebensnah,
  • niedrigschwellig
  • partizipativ

Unser Ziel ist es, Beteiligung nicht nur zu ermöglichen, sondern zu erleichtern. Durch passende und zielgruppespezifische Methoden, echte Augenhöhe und strukturelle Verstetigung.

Wir verstehen Beteiligung dabei nicht als punktuelle Maßnahme, sondern als Prozess – von der Bedarfserhebung bis zur Evaluation. Im Mittelpunkt steht ein differenziertes Verständnis für Zielgruppen und deren Lebensrealitäten. Es geht darum, Barrieren zu identifizieren, gemeinsam Methoden zu entwickeln und einen iterativen Beteiligungsprozess zu gestalten.

Konzeptentwicklung: Von der Analyse bis zur Umsetzung 

Wir als nuvio haben ein methodisch fundiertes Vorgehen entwickelt, das Beteiligung strukturiert und gleichzeitig flexibel macht. Unser Ansatz basiert auf sieben Prozessmodulen (siehe Abbildung)– von der Zielgruppenanalyse über die Methodenauswahl bis hin zur Verstetigung.

Prototypisches Vorgehen: Beteiligung als Prozess

Unser Modell sieht Beteiligung als iterativen, partizipativen Prozess. In vier Phasen begleiten wir Kommunen und Träger:innen:

  • Bedarfserhebung & Aktivierung: Sozialräumliche Analyse, Einbindung lokaler Akteur:innen, Aufbau eines Steuerungsgremiums.
  • Zielbestimmung & Priorisierung: Partizipative Risiko- und Ressourcenerhebung, Handlungsziele definieren.
  • Maßnahmenplanung & Umsetzung: Methodenmix (Community Mapping, Dialogformate, digitale Tools), gemeinsam entwickelte Maßnahmen.
  • Evaluation & Verstetigung: Rückkopplung, Monitoring, dauerhafte Strukturen der Beteiligung schaffen.

Beteiligung beginnt beim Zuhören

Foto: Jan Buckenmayer

Wir sind überzeugt: Echte Beteiligung beginnt mit einem Perspektivwechsel.

Sie fragt nicht nur: „Wer will mitmachen?“, sondern auch: „Wen haben wir bisher nicht erreicht und warum?“

Du willst mehr über unsere Beteiligungskonzepte erfahren? Schreib uns – oder kontaktiere direkt Jan unter Jan.buckenmayer@nuvio.health.


Quellenverzeichnis

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). (o. J.). Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Abgerufen am [06.06.2025|, von https://www.bmz.de/de/agenda-2030

Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. (2020). Neue Leipzig-Charta: Die transformative Kraft der Städte für das Gemeinwohl. Abgerufen am 04.06.205 von https://www.nationale-stadtentwicklungspolitik.de/NSPWeb/SharedDocs/Blogeintraege/DE/neue_leipzig_charta.html

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. (2021). Kriterien für gute Praxis der soziallagenbezogenen Gesundheitsförderung (4. Aufl.). Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit. https://www.gesundheitliche-chancengleichheit.de

Deutscher Städtetag. (2023). Beteiligungskultur in der Stadtplanung und Stadtentwicklung – Ansprüche und Herausforderungen einer weiterentwickelten Beteiligungskulturhttps://www.staedtetag.de

GKV-Spitzenverband. (2024). Leitfaden Prävention nach § 20a SGB V: Handlungsfelder und Kriterien der Gesundheitsförderung und Prävention in Lebensweltenhttps://www.gkv-spitzenverband.de

Hafeneger, B., Rieger, A., & Wetzel, J. (Eds.). (2017). Teilhabe für alle?! Bausteine für eine demokratie- und diversitätsbewusste politische Bildung. Bundeszentrale für politische Bildung. Verfügbar unter: https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/10155_Teilhabe_fuer_alle_ba_171019.pdf

Humm, C., & Schrögel, P. (2020). Science for all? Practical recommendations on reaching underserved audiences. Frontiers in Communication, 5, Article 42. https://doi.org/10.3389/fcomm.2020.00042

IGES Institut. (2019). Scoping Review: Erreichbarkeit vulnerabler Gruppen in der Gesundheitsförderung. Im Auftrag des GKV-Bündnisses für Gesundheit.

Pardhan, S., Rauf, M., Gonzalez, R., & Rizwan, A. (2025). Barriers and facilitators for engaging underrepresented ethnic minority populations in healthcare research: An umbrella review. BMC Public Health, 25(2431). https://doi.org/10.1186/s12889-025-2431-x

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Riede, M. (2024). Für ein demokratisches Miteinander in Nachbarschaften. Netzwerk Bürger:innenbeteiligunghttps://www.netzwerk-buergerbeteiligung.de

Umweltforschungszentrum Leipzig. (2021). Strukturelle Verankerung von BNE in kommunalen Bildungslandschaften. UFZ Leipzig. https://www.ufz.de

Deutsches Institut für Urbanistik. (2020). Fallstudien guter Praxis der BNE-Verankerung in Kommunenhttps://difu.de

Deutsches Institut für Urbanistik. (2024). Kommunen strukturieren Beteiligung – Abschlussberichthttps://difu.de

30.06.2025
Anna Bock

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